Aventicum

In der vom Keltenstamm der Helvetier gegründeten Stadt sind noch heute römische Bauten teilweise sichtbar - das Theater, das Amphitheater und das Cigognier-Heiligtum, welche nun dank der Erleb-AR App wieder in ihrer antiken Pracht bewundert werden können.

Amphitheater: Der Tod war oft Teil vom Schauspiel

Wie im berühmten Kolosseum in Rom fanden im Amphitheater von Aventicum/Avenches nicht nur Gladiatorenkämpfe, sondern auch Tierjagden, öffentliche Hinrichtungen sowie Akrobatikvorstellungen statt. Das erste Amphitheater wurde zu Beginn des 2. Jhs. n. Chr. ausserhalb der Stadtquartiere am Hang des Hügels errichtet, auf dem sich heute die Altstadt von Avenches befindet.

Nach 165 n. Chr. erfolgten umfangreiche Baumassnahmen, bei denen der Bau auf eine Grösse von 105 auf 92 m erweitert wurde. Anstelle der einfachen Umfassungsmauer entstand eine monumentale, 7,50 m hohe Bekrönungsmauer, die an der Aussenseite mit überkuppelten Bogennischen und Pilastern verziert war.

Von der Stadt her gelangte man durch ebenfalls überwölbte Eingänge in die über 50 m lange Arena. Die ca. 2,50 m hohe Begrenzungsmauer der Arena war im Norden mit grossen Steinplatten verkleidet, während auf der Südseite die vertikal gestellten Steinblöcke als Abgrenzung für einen parallel zur Arena verlaufenden Umgang diente. Dass sich dieser Umgang nur auf einer Seite der Arena befindet, ist eine der Besonderheiten des Amphitheaters von Avenches.

Die Zerstörung des Bauwerks fällt zeitlich in das späte 3. bis frühe 4. Jh. n. Chr. Die Errichtung des 23,50 m hohen Turms über dem ehemaligen Osteingang erfolgte am Ende des 11. Jhs. n. Chr. Seit 1838 befindet sich in diesem Turm das Römische Museum. Ein Besuch ist sehr empfehlenswert.

Cigognier-Heiligtum

Das um 98 n. Chr. entstandene Cigognier-Heiligtum bildet mit dem ihm gegenüberliegenden Theater eine architektonische Einheit. Namengebend für das Heiligtum war die «Storchensäule», eine Kalksteinsäule, die seit der Antike stehen geblieben war und auf die Störche ihr Nest eingerichtet hatten. Es liegt südlich der Stadtquartiere in einem ehemals sumpfigen, trockengelegten Gebiet

In den Jahren 1938 bis 1940 fanden im Rahmen eines Arbeitslosenprojektes umfangreiche systematische Grabungen statt, bei denen die Reste des Heiligtums freigelegt wurden. Hier wurde auch im Jahr 1939 die berühmte Goldbüste des Kaisers Marc Aurel in einem Abwasserkanal entdeckt.

Dieses imposante Bauwerk (ca. 107 x 77 m), dessen Grundriss ein in Rom von Kaiser Vespasian errichtetes Monument (Forum Pacis) zum Vorbild hat, besteht primär aus einer auf drei Seiten um einen 80 x 61 m grossen Hof gruppierten, Pi-förmigen Säulenhalle, in die ein leicht vorspringender Tempel eingebunden war, der im rückwärtigen Bereich um rund 20 m über die Mauerflucht ausgriff.

Eine 53 m lange, axial auf die Tempelfassade hinführende gepflästerte Allee diente wohl als Teil eines Prozessionsweges zwischen dem Theater und der Kultstätte. Eingelassen in diese Pflästerung fand sich ein Quaderfundament, das möglicherweise von einem monumentalen Altar stammt. Der Cigogniertempel war nicht nur einem Gott geweiht, sondern war Verehrungsort für ein ganzes, der helvetischen Gemeinschaft wichtiges Pantheon und diente auch dem Kult des vergöttlichten Kaisers.

Das gallo-römische Theater

Ein Theater gehört als öffentliches Gebäude ganz selbstverständlich zum Bild jeder grösseren antiken Stadt. In Aventicum/Avenches wurde das Theater zu Beginn des 2. Jhs. n. Chr. als Komplex zusammen mit dem ihm gegenüberliegenden Cigognier-Heiligtum errichtet.

Es handelt sich um ein Theater vom sog. «gallo-römischen» Typus. Dieser Bautyp besass anstelle einer hohen, zwei- bis dreistöckigen Bühnenfront eine schräg zur Mitte hinabfallende Bühnenmauer und ein kleines, einstöckiges Bühnenhaus. Mit einer Fassadenbreite von 106.25 m, einer Tiefe von 66.40 m und einem Fassungsvermögen von rund 12’000 Zuschauern gehörte das Theater von Aventicum zu den grösseren Bauten seiner Art.

Die Aufführungen fanden entweder in der halbrunden orchestra oder auf der kleinen Holzbühne des Bühnenhauses statt. Mit seinen Mauerzügen aus kleinen Handquadern von gelbem Neuenburger Kalkstein und den grossen Werksteinteilen aus grauem Muschelkalksandstein wies das römische Theater von Avenches eine Mischarchitektur auf, bei der die Steinmaterialien auch zur farblichen Strukturierung des Bauwerks beitrugen.

Über die Aufführungen, die in den gallo-römischen Theatern stattgefunden haben, wissen wir nur wenig. Grundsätzlich ist aber mit einer grossen Vielfalt von Veranstaltungen wie Possenspielen, Pantomimen, Tänzen, Gesängen, Musikdarbietungen, mythologischen Darstellungen aber auch Opferhandlungen und Riten im Rahmen des Kaiserkultes zu rechnen.

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